Im Gegensatz zu den mit Fiberglas belegten und mit modernen Lacken versiegelten Bogen muß ein Holzbogen wie ein rohes Ei behandelt werden, will man länger Freude an ihm haben. Eine ganze Reihe von Vorsichtsmaßnahmen und Verhaltensregeln gilt es zu beachten:
Lagerung
Möglichst waagerecht, in einem Raum mit gleichmäßiger Temperatur und Luftfeuchte; größere Schwankungen z.B. durch direkte Sonneneinstrahlung, unbedingt vermeiden.
Transport
Schutzhülle aus dickem (aber weichem) Stoff oder Leder verwenden, um Kratzer und Stoßstellen zu vermeiden. Laminierte Bogen niemals im Auto liegen lassen, wenn die Sonne kräftig scheint! Reinen Selfbogen oder mit Sehnen o.ä. belegte Bogen macht das weniger aus, doch sollten sie immer erst ein paar Stunden abkühlen bzw. Tage bei gleichmäßigen Temperatur- und Feuchtigkeits-Werten sich anpassen können, bevor sie wieder geschossen werden!
Aufspannen
Die push & pull-Methode anwenden oder mit Hilfe einer (stabilen und sicheren) Spannschnur aufspannen. Sehne auf Beschädigung und Verschleiß prüfen. Eine gerissene Sehne bedeutet fast immer auch einen gebrochenen Bogen! Erstes Anzeichen für eine reißende Sehne kann die nachlassende Standhöhe sein, darum immer Standhöhe prüfen: mit abgespreizten Daumen die Hand zwischen Griffstück und Sehne = fistmele.
Schießen
Bogen wiederholt – erst leicht, später weiter und dann erst voll – ausziehen. Das Holz soll sich langsam an die Biegebelastung "gewöhnen", besonders dann, wenn der Bogen länger nicht geschossen wurde.
Einen Holzbogen nie länger als eine Sekunde im vollen Auszug halten. Längeres Halten führt zu starkem stringfollow und damit zu einem erheblichen Verlust an Wurfleistung. Brüche in Folge der Überbelastung können ebenfalls auftreten. Am sichersten schießt man einen Holzbogen mit "fliegendem Anker"!
Einen Holzbogen niemals über seine vorgesehene Auszugslänge hinaus ausziehen! Ein Bogenbruch oder im besten Fall ein extremes stringfollow sind die Folge! Den Bogen daher nie von jemanden mit größerer Auszugslänge schießen lassen!
Nie Sehnengarne wie Fast Flight, Dynema, Spectra, Kevlar o.ä. schießen, wenn sie nicht ausdrücklich für den Bogen zugelassen sind. Sehnen mit zu geringer Eigenstreckung könnten die Tips abscheren und/oder zum Bruch des Griffteiles führen. Nie zu leichte Pfeile schießen; 10 gr pro Pfund Zuggewicht ist ein vernünftiger Startpunkt; eher schwerere Pfeile benutzen als leichtere.
Je nach verwandtem Holz können die Bogen sehr empfindlich gegenüber Anschlagen z.B. an Ästen oder Pfeilspitzen sein. Weiche Hölzer wie die Eibe bekommen besonders schnell Dellen, Druckstellen und Kratzer. Während Pausen oder beim Ziehen der Pfeile den Bogen nicht einfach auf den (z.B. feuchten, steinigen) Boden stellen. Verdreckt Pfeile vor dem nächsten Schuß reinigen (Wollquaste), damit sie nicht die Pfeilanlage zerkratzen! Nicht mit vollem Gewicht auf den Bogen aufstützen!
Witterungseinflüsse
Die Bogen sind unbedingt vor Dauerregen zu schützen. Durch Schellack und Wachs sind sie vor leichtem Regen (kurzzeitig) geschützt; wasserdicht ist diese Oberflächenbehandlung jedoch nicht! Auch dicken Nebel gilt es zu vermeiden! Einen trotz aller Umsicht feucht gewordenen Bogen bitte nicht eher wieder schießen, wie er nicht einige Tage Zeit gehabt hat, das Wasser wieder abzugeben – starkes stringfollow wäre sonst die Folge.
Sowohl in großer Hitze als auch in winterlicher Kälte reagieren die meisten Hölzer spröde. Zum einen ist es der Verlust der Restfeuchte, der dafür verantwortlich ist, zum anderen ihr Gefrieren – die Folgen für die mechanischen Eigenschaften des Holzes sind identisch. Viele gute Bogen sind schon bei extremen Temperaturen gebrochen – man sollte sie meiden wo man kann!
Hat der Bogen ein backing aus Rohaut, Sehen und/oder pflanzlichen Fasern, die mit Hautleim aufgebracht worden sind, so ist er besonders gut vor Feuchtigkeit zu schützen. Hautleim quillt und wird unter Wasseraufnahme weich!
Reinigung und Pflege
Weiches Putztuch – möglichst ohne Wasser. Gelegentlich Wachsen (Antikwachs aus der Möbelpflege; Carnauba flava). Sparsam einölen (Leinöl, Schaftol, Danish Oil o.ä.). Den Bogen nicht mit Ölen tränken! Das Gewicht der Wurfarm erhöht sich dadurch unnötig und das stringfollow steigt durch die verminderte Scherstabilität des ölgetränkten Holzes! Einen Öl-Überschuß immer sofort abwischen! Anschließend Aufpolieren. Je nach Notwendigkeit kann man auch eine weitere Schicht Schellack aufbringen.
Lebenserwartung
Es muß deutlich gesagt werden, daß ein Holzbogen gewöhnlich nicht die Lebenserwartung eines guten glasbelegten Bogens erreicht. Der Werkstoff "Holz" wird im Bogen bis an seine Grenzen belastet – nur so aber erhält man einen effizienten Bogen. Holz ist von Natur aus inhomogen. Einige Stellen werden früher ermüden als andere. An solchen Stellen wird der Bogen schließlich früher oder später auch versagen. Möge es immer "später" sein ...!
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